Durch eine Überalterung der Bevölkerung in Deutschland steigt die Anzahl der pflegebedürftigen Menschen stetig. Gleichzeitig gehen in den kommenden Jahren immer mehr Fachkräfte in den Ruhestand, was zu einer zunehmenden Überlastung des Personals im Gesundheitssektor führt. Das Paderborner IT-Unternehmen Connext Communication GmbH entwickelt digitale Lösungen, um dem Pflegepersonal wieder Zeit für das Menschliche zu geben. Im Interview gibt das Unternehmen Antworten auf wichtige Fragen.
Connext wurde ursprünglich nicht mit der Idee gegründet, Lösungen für das Sozialwesen zu entwickeln. Gab es einen Auslöser für die Umorientierung?
Ja, als eine Ordensschwester aus dem Sauerland bei uns eine Software in Auftrag gab, um die Anforderungen der damaligen Pflegeversicherungsreform umzusetzen. Das Programm kam damals so gut an, dass es sich schnell herumsprach. Unsere Software Vivendi [lat.: des Lebens] war geboren und der Orden der Schwestern der hl. Maria Magdalena Postel (SMMP) wurde zum Pionier der Digitalisierung im deutschen Sozialwesen.
Welche Lösungen bietet Connext, um das Personal im Gesundheitssektor zu entlasten?
Mit unserer Software erleichtern wir vor allem die Organisation von Pflege- und Betreuungsaufgaben und stellen behandlungsrelevante Informationen dann zur Verfügung, wenn sie benötigt werden.
Kommt beispielsweise ein pflegebedürftiger Mensch in eine Altenhilfeeinrichtung, können wir alle Arbeitsschritte digital begleiten – von der Aufnahme über die Planung und Dokumentation bis hin zur Abrechnung mit den verschiedenen Kostenträgern. Für Pflegekräfte spielt Zeit eine große Rolle. Und wir machen es möglich, dass beispielsweise Vitalwerte, Pflegeberichte und Leistungen schon während der Visite ganz einfach per Sprachfunktion erfasst und später am Stations-PC oder mobil per App abgerufen werden können.
Mit welchen Herausforderungen werden Sie bei der Entwicklung Ihrer Lösungen immer wieder konfrontiert?
Wir müssen täglich dafür sorgen, dass über 12.000 Pflegekräfte in Deutschland ihre Arbeit planen, dokumentieren und auch abrechnen können. Und das alles mit den neuesten Technologien, plattform- und geräteunabhängig und vor allem nach den aktuellen gesetzlichen Bestimmungen. Deshalb haben wir frühzeitig damit begonnen, unsere Technologie ins Web zu bringen. Das bedeutet, dass unsere Kundinnen und Kunden Vivendi heute auf ihrem Smartphone, Tablet und PC nutzen können, also unabhängig von Ort und Zeit auf alle Daten zugreifen. Dabei spielt die IT-Sicherheit für unsere Nutzer eine herausragende Rolle. Die sensiblen Patientendaten müssen gut geschützt sein, denn auch soziale Einrichtungen sind vor Cyberkriminellen nicht mehr sicher.
Dabei spielt die IT-Sicherheit für unsere Nutzer eine herausragende Rolle. Die sensiblen Patientendaten müssen gut geschützt sein, denn auch soziale Einrichtungen sind vor Cyberkriminellen nicht mehr sicher. Früher galten Angriffe auf Krankenhäuser oder Pflegeheime als Tabu, heute nicht mehr. Deshalb bieten wir unseren Kunden an, ihre komplette IT-Umgebung in unserem Rechenzentrum in Paderborn zu hosten. So können wir schnell auf neue Bedrohungen reagieren und alle Systeme zentral für alle patchen.
Welche Anforderungen sollten Ihrer Meinung nach Gründer und Gründerin im Kontext Personal beachten?
Um seine Ziele umzusetzen, brauch jedes Unternehmen im eHealth-Bereich schlussendlich Fachkräfte, die Lust haben, die Digitalisierung im Sozial- und Gesundheitswesen mitzugestalten. Wir haben Glück, dass Paderborn dafür ganz gute Voraussetzungen hat, da die Stadt seit über 50 Jahren ein IT-Standort ist und Ingenieure und Informatiker anlockt. Auch das Netzwerk aus Universitäten und Hochschulen, Innovationshubs und Clustern bietet Nachwuchskräften ein optimales Umfeld sich beruflich zu entwickeln. In solche Netzwerke sollten sich Gründerinnen und Gründer frühzeitig integrieren, um Kontakte zu knüpfen und Weiterbildungsvorteile zukünftigen Angestellten zu bieten.
Wir setzen ganz auf Ausbildung, denn nur so können wir frühzeitig eine feste Bindung aufbauen. Natürlich gehen junge Menschen auch auf Wanderschaft, um in anderen Regionen und Städten Neues kennenzulernen. Aber zur Familiengründung kehren viele zurück und bringen ihr neues Wissen in ihrer Heimat ein. So ist unsere Nachwuchsstrategie auf langfristige Bindungen angelegt. Eine Hire-and-Fire-Mentalität gibt es bei uns nicht. Wir wollen ein faires und soziales Unternehmen sein und das empfehlen wir auch jedem anderen Gründer und jeder anderen Gründerin, um Personal zu gewinnen.
Künstliche Intelligenz spielt eine zunehmend wichtige Rolle in der Softwareentwicklung für das Gesundheitswesen. Können Sie spezifische Beispiele dafür nennen, wie KI-gestützte Systeme in Ihren Lösungen eingesetzt werden und welche konkreten Probleme sie lösen können?
Wir sind dabei, KI in viele unserer Module zu integrieren. Dabei gehen wir nach dem größten Nutzenversprechen für unsere Anwender und deren Klienten vor. Wenn man bedenkt, dass in Deutschland jährlich 58.000 Menschen an Medikationsfehlern sterben, kann man mit einem Assistenzsystem die Medikation schnell und effektiv sicherer machen. Unser System schlägt zum Beispiel Alarm, wenn es eine Kontraindikation erkennt.
Und da die medizinische Versorgung im Wesentlichen auf dem Sammeln, Analysieren und Interpretieren von Daten beruht, gibt es Hunderte von Anwendungsfällen für den Einsatz von künstlicher Intelligenz. Ein weiteres Beispiel ist die Wunddokumentation. Hier können bildverarbeitende Assistenzsysteme frühzeitig darauf aufmerksam machen, wenn sich eine Wunde verändert. Ein weiteres Beispiel ist die Personaleinsatzplanung, die mit Schichtdiensten und möglichen Ausfällen sehr komplex sein kann. Hier kann KI automatisiert unterstützen.
Quelle Bild: Connext Vivendi