Sprechstunde beim Hausarzt zuhause auf dem Sofa? – Telemedizin „macht’s möglich“. Das Bild einer Online-Videosprechstunde prägt aktuell das Verständnis von Digital Health. Dabei sind die Einsatzbereiche telemedizinischer Kommunikation wesentlich umfassender und vielfältiger. Längst finden in Pflegeheimen Fernsprechstunden statt, Fachmediziner verabreden sich zu Telekonsilen und Notärzte schalten im Rettungswagen Spezialisten aus der Ferne dazu. Sogar in der Ausbildung von Pflegekräften wird eine Form der Videosprechstunde bereits eingesetzt.

Je mehr Anwendungsfelder telemedizinische Kommunikation findet, desto besser. Denn alle Anwendungen tragen dazu bei, drängende Probleme unserer Zeit zu entschärfen. Das ist einerseits der wachsende Ärztemangel, der uns zwingt, die Zeit der Ärzte als knappe Ressource zu begreifen. So wird die Versorgung von Patienten zuhause in Zukunft ohne eine Online-Sprechstunde kaum denkbar sein. Noch bedeutsamer ist der unausweichliche demografische Wandel. Die strukturelle Alterung der Gesellschaft hat zur Folge, dass die Nachfrage nach Gesundheitsleistungen stark ansteigt. Das belastet die Budgets der Krankenkassen und erhöht den Kostendruck.

Im ländlichen Raum kommen beide Probleme zusammen. Schon heute sind manche Bereitschaftsärzte im Notdienst für mehr als 6.000 Quadratkilometer zuständig. Die bislang selbstverständliche Versorgungssicherheit ist mit einem „Weiter so“ deshalb in Zukunft nicht zu gewährleisten. Aus diesem Grund spielen technische Innovationen eine elementare Rolle. Für die Gesundheitsversorgung der Zukunft führt an Schlüsseltechnologien wie der Videosprechstunde kein Weg vorbei. Der logische Schluss wäre eine umfassende gesundheitspolitische Unterstützung der Telemedizin, insbesondere durch klare gesetzliche Rahmenbedingungen und eine deutliche finanzielle Förderung.

Dafür ist der erste Baustein ein Zertifizierungsverfahren, das jeder Anbieter durchlaufen muss, bevor eine Videosprechstunde auf den Markt kommt. Dabei stehen vor allem Sicherheitsaspekte und der Datenschutz im Fokus. Die La-Well GmbH ist der erste Videodienstanbieter, der für die elVi® (elektronische Visite) ein Zertifikat der TÜV IT GmbH erhielt. Mittlerweile sind auch Patientus und XPERTyme von der Firma datenschutz cert GmbH zertifiziert. Die Zertifizierung ist als regulatorische Hürde unverzichtbar.

Problematisch wird es aber bei der Vergütung. Die ab April 2017 gültige Abrechnung für Videosprechstunden krankt an drei Punkten. Erstens ist sie exklusiv auf eng eingegrenzte Fälle der ärztlichen Sprechstunde gekoppelt, was die möglichen Anwendungsfälle drastisch beschränkt. Zweitens darf jeder Arzt pro Quartal nur eine bestimmte Anzahl an Videosprechstunden abrechnen – bei 50 ist Schluss. Drittens fällt die Vergütung enttäuschend gering aus. Das Maximum für eine Televisite liegt derzeit bei 13,48 Euro – im ärztlichen Kontext ein eher symbolischer Betrag. Auch wenn die Einführung einer Abrechnung die Videosprechstunde offiziell in die Regelversorgung bringt, sind diese Details alles andere als zufriedenstellend.

Am häufigsten werden Videosprechstunden zur Zeit in Projekten eingesetzt, die nicht von der Standardvergütung abhängen, sondern von individuellen Verträgen zwischen Leistungserbringern und Kassen, wie zum Beispiel auf Initiative der AOK NordWest. Vereinzeltes Engagement statt Regelversorgung, das war sicher nicht Intention des Gesetzgebers.

Von einer breiten Anwendung ist die Technologie unter diesen Umständen also noch weit entfernt. Das Nachsehen haben solange Arzt und Patient.

Quelle: elVi®