10 Punkte, die jedes Unternehmen vor der Expansion in andere Länder prüfen sollte

Silicon Valley, Singapur, Shanghai: Die meisten Gründer träumen vom internationalen Durchbruch. Damit der Weg ins Ausland nicht zur Bauchlandung wird, gilt es jedoch einiges zu beachten.

Nicht jedes innovative Produkt ist für den deutschen Massenmarkt geeignet. Und je spezieller die Zielgruppe, umso begrenzter ist das Wachstumspotenzial auf dem heimischen Markt. Auch deshalb drängt es Star-tups früh ins Ausland. Dieser Schritt will aber sehr gut vorbereitet sein. Professor Matthias Notz, Geschäftsführer von German Accelerator, einem durch das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz finanzierten Förderprogramm für Start-ups, weiß um die Herausforderungen und Stolperfallen. „Viele Unternehmer tun sich schwer, richtig einzuschätzen, ob sie für eine Internationalisierung gut vorbereitet sind“, sagt Notz. Zur Beurteilung der Readiness hat German Accelerator deshalb eine detaillierte Checkliste aufgelegt. Hier fassen wir die 10 wichtigsten Aspekte zusammen:

1. Solide Basis
Bevor es überhaupt losgehen kann, muss das Feld zu Hause gut bestellt sein. Sprich: Das Unternehmen muss bereits ein wiederholbares, skalierbares Geschäftsmodell in seinem Heimatmarkt aufgebaut haben. Junge Start-ups sind oft noch nicht soweit, können aber bereits vor der Internationalisierung von einem internationalen Mindset im Heimatmarkt profitieren.

2. Auswirkung auf das Stammgeschäft
Grundsätzlich darf die Expansion in einen neuen Markt das Wachstum im Heimatmarkt nicht behindern. Es ist deshalb wichtig, dass der Vertrieb bereits effektiv – ohne wesentliche Unterstützung des Gründers – funktioniert. Denn sobald neue Absatzmärkte im Fokus stehen, haben die Chefs wenig bis gar keine Zeit mehr für die Akquise im Stammland.

3. Produkt-Anforderungen
In einem anderen Land dasselbe Produkt oder dieselbe Dienstleistung anzubieten, kann funktionieren. Das sollte jedoch vorher genau geprüft werden. Sehr oft erfordert das Angebot Anpassungen an den Zielmarkt. Manchmal genügt eine Übersetzung, manchmal sind weitreichende Änderungen nötig. Bisweilen kann es sogar sein, dass ein völlig neues Produkt entwickelt werden muss. Das Produkt sollte zum jeweiligen Markt passen, bevor sich das Unternehmen für eine Expansion entscheidet.

4. Vertriebliche Rahmenfaktoren
Fast ebenso wichtig wie das Produkt sind die vertrieblichen Bedingungen. Bei einem reinen Online-Geschäft gestaltet sich der Markteintritt unkomplizierter. Völlig anders sieht es aus, wenn Ladengeschäfte oder Händler gefunden werden müssen. Aber auch bei einem reinen E-Business gibt es Logistik- und Support-Anforderungen, die es zu klären gilt – auch das, bevor es so richtig losgeht.

5. Land und Leute
Der Weg ins Ausland ist gepflastert mit Fettnäpfchen: Wer die lokale Kultur nicht versteht und die unausgesprochenen Regeln der dortigen Geschäftswelt nicht kennt, tut sich auf dem neuen Terrain schwer. In bestimmten Branchen und Märkten ist die Pflege persönlicher Beziehungen das A und O. Ebenso entscheidend wie die kulturellen Aspekte sind regionale Markttrends, die man ebenso kontinuierlich beobachten sollte wie die wichtigsten Wettbewerber und die potenzielle Kundenlandschaft.

6. Spielregeln kennen
Nicht nur in Deutschland definiert eine Vielzahl von Gesetzen und Verordnungen den unternehmerischen Spielraum. Auch in anderen Ländern gibt es jede Menge branchenspezifische Regularien für Hygiene, Sicherheit, Rechnungslegung, Datenschutz oder Steuern. Und diese unterscheiden sich oft erheblich von deutschen Vorschriften.

7. Faktor Zeit
Nur weil man in Deutschland jedes Quartal X Neukunden gewinnt, muss das für das Ausland nicht ebenso gelten. Die Zeit zwischen dem ersten Geschäftskontakt über die Anbahnung eines Verkaufs bis zum Abschluss kann sich sehr von den Verkaufszyklen in Deutschland unterscheiden. Zum Teil dauert es länger, es kann aber auch schneller gehen, wenn zum Beispiel eine Businesskultur mit höherer Fehlertoleranz das Experimentieren mit neuen Technologien stärker fördert als im besonders auf Sicherheit bedachten Deutschland.

8. Unternehmensressourcen
Das Managementteam sollte ausreichend Kapazitäten haben, um einem anderen Markt in den nächsten 12 Monaten Priorität einzuräumen. Das Personal-Team muss in der Lage sein, die Gehaltsabrechnung, die Besteuerung und die Arbeitsgesetze im Zielmarkt zu handhaben.

9. Ausreichend Budget
Neben der Strategie darf ein Business Plan für den Markteintritt nicht fehlen. Dazu gehört vor allem ein solider Finanzplan und ein ausreichender Puffer, um die Kosten der Expansion tragen zu können.

10. Moment der Wahrheit
Bevor es losgeht, sollten alle Gründer und das Führungsteam klären, ob wirklich alle überzeugt sind, dass das Unternehmen für die Internationalisierung bereit ist. Denn sollte es keinen Konsens geben, dass Ressourcen des Stammsitzes für einen neuen Markt eingesetzt werden, sind die Konflikte vorprogrammiert.

Matthias Notz, Experte für internationale Ecosystems, ergänzt: „Wie aufwändig die Vorbereitung für eine Internationalisierung ist, lässt sich schnell anhand von vier Fragen einschätzen. Sind betriebliche und logistische Einheiten vor Ort erforderlich? Braucht es Offline-Kanäle wie Läden oder Händler für die Kundenakquise? Muss das Produkt für den neuen Markt neu entwickelt oder angepasst werden? Und zu guter Letzt ist ein funktionierendes Netzwerk vor Ort entscheidend für den Erfolg? Wenn Sie alle vier Fragen mit Nein beantworten können, ist der Aufwand für die Expansion eher gering.“
Den von der Bundesregierung finanzierten und von German Entrepreneurship geführten German Accelerator gibt es bereits seit 10 Jahren. Über 500 Start-ups haben seither die Förderprogramme zur Sondierung passender Auslandsmärkte sowie zur Begleitung einer Expansion nach Asien und die USA absolviert. Für Startups, die eine Internationalisierung in Betracht ziehen, aber noch unsicher sind, ob sie für diesen Schritt schon gut vorbereitet sind, bietet German Accelerator das kostenlose Programm Kickstart International an.

Quelle: German Accelerator (inkl. Bild: Prof. Notz)