Die Mediform GmbH mit Sitz in Karlsruhe brachte Ende des Jahres 2023 den ersten autonomen Telefonassistenten für Arztpraxen, Praxisnetze und Medizinische Versorgungszentren (MVZ) auf den Markt: MediVoice. Dieser basiert auf generativer künstlicher Intelligenz und reduziert den Aufwand für den Telefondienst deutlich – etwa bei Terminvereinbarungen, Rezeptbestellungen oder allgemeinen Anfragen. CEO Jochen Krause (JK) und CPO Daniel Kämmerer (DK) erläutern, welche Maßstäbe in der Automatisierung von Praxisabläufen sie setzen.
1. Welche Motivation steht hinter eurer Lösung?
JK: Mit meiner Firma Innoopract konnten wir bereits viel Erfahrung im Bereich Terminvergabe und Digitale Anamnese in Arztpraxen, Krankenhäusern und Blutspendediensten sammeln. Dabei haben wir immer wieder festgestellt, dass der Telefondienst eine enorme Herausforderung darstellt. Trotz zunehmender Online-Angebote zur Terminvergabe wird nur ein geringer Prozentsatz der Termine online vereinbart. Das liegt daran, dass oft komplexe praxisspezifische Regeln bei der Terminvergabe berücksichtigt werden müssen und das Telefon für die Mehrheit der Patientinnen und Patienten immer noch bevorzugter Kommunikationskanal ist. In Verbindung mit dem Fachkräftemangel, steigenden Personalkosten und einer hohen zeitlichen Konzentration von Anfragen führt dies zu eingeschränkter telefonischer Erreichbarkeit und Unzufriedenheit. Unsere Motivation zur Gründung von Mediform war es daher, diese Situation zu verbessern und die Praxisabläufe zu automatisieren. Wir sehen darin eine spannende Herausforderung mit großem Nutzen für Arztpraxen und Patient:innen.
2. Wie habt Ihr dies umgesetzt?
DK: Wir orientieren uns klar an der Mission, Arztpraxen maximalen Patientenservice bei minimalem Aufwand für das Praxisteam zu ermöglichen. Ein großer Enabler für unsere Lösung waren die neuesten Entwicklungen im Bereich der generativen künstlichen Intelligenz. Nur so war es uns möglich, von Anfang an auf Flexibilität im Gesprächsverlauf zu setzen und eine größtmögliche Autonomie in der Bearbeitung der Patientenanliegen zu erreichen.
Bei der Entwicklung unseres Produktes konnten wir über die Muttergesellschaft Innoopract auf ein hoch motiviertes und erfahrenes Team zurückgreifen und sofort durchstarten.
Bei der technischen Umsetzung haben wir von Anfang an auch großen Wert auf das Thema Datenschutz vor dem Hintergrund der Datenschutzgrundverordnung gelegt. Gerade beim Einsatz innovativer Technologien im Gesundheitswesen ist dies unerlässlich.
3. Wie ist euer Geschäftsmodell und wo steht ihr bei der Umsetzung?
JK: Wir setzen auf ein klassisches Software-as-a-Service Modell in der Cloud, das auf Servern in Deutschland betrieben wird. Für den Vertrieb und die Einführung von MediVoice setzen wir vor allem auf Partner im Bereich der Systemhäuser und Hersteller von Praxisverwaltungssystemen. Insbesondere durch die Übernahme von Aaron.ai durch Doctolib, sehen wir hier eine positive Dynamik im Markt.
MediVoice ist seit Ende 2023 produktiv im Einsatz, insbesondere in den Bereichen Ophthalmologie und Gastroenterologie. Die nächsten Schritte sind nun die Ausweitung auf weitere Fachgebiete und die kontinuierliche Verbesserung der Autonomie.
4. Gibt es ein Alleinstellungsmerkmal?
DK: Unser Produkt erledigt die Arbeit und häuft sie nicht an anderer Stelle an. Damit unterscheidet sich unser KI-basierter Sprachassistent deutlich von Telefonassistenten, die oft nur vorprogrammierte Antworten geben können oder im Wesentlichen ein Anrufbeantworter mit Transkription der Nachrichten sind. Auch von anderen KI-basierten Systemen unterscheiden wir uns: Wir sind ganz auf den medizinischen Markt fokussiert. Bei MediVoice wird die fachspezifische Logik direkt mitgeliefert – nur praxisindividuelle Themen müssen konfiguriert werden. Dabei setzen wir im Bereich der Konfiguration stark auf Self-Service, was die Pflege des Systems um ein Vielfaches vereinfacht.
Entscheidend ist der hohe Anteil an Aufgaben, die MediVoice autonom erledigt: Dialoge in natürlicher Sprache führen und komplexe Anfragen End-to-end bearbeiten – also ohne manuelle Nachbearbeitung. Ein Beispiel dafür ist die Terminbuchung: Die Patient:innen sprechen in gewohnter Sprache mit MediVoice und buchen einen Termin – dieser erscheint dann direkt im Kalender der Ärztin bzw. des Arztes. Dabei berücksichtigt MediVoice die individuellen Regeln und Präferenzen der Praxen. Die Autonomie führt zu messbaren Zeiteinsparungen und einer spürbaren Entlastung des Praxisteams.