Sie wollen den Transfer zwischen der Berliner Hochschule für Technik und Wirtschaft (HTW Berlin) sowie kleinen und mittleren Unternehmen im Bereich Digital Health voranbringen: ein Team von etwa 40 Professor_innen, Mitarbeiter_innen und Studierenden, die unter dem Dach der HTW Berlin nunmehr als „Centrum für biomedizinische Bild- und Informationsverarbeitung“ (cbmi) firmieren. Die wissenschaftliche Einrichtung wurde bereits gegründet, ein privates Forschungsinstitut und ein Gründerzentrum sollen folgen, sagt das Sprecherduo des cbmi, Prof. Dr. Dagmar Krefting und Prof. Dr. Peter Hufnagl. Sie freuen sich über eine dreijährige Anschubfinanzierung aus dem Europäischen Fonds für regionale Entwicklung der Europäischen Union.

Healthcare-Startups im Gespräch mit Prof. Dr. Dagmar Krefting:

Auf welche Bild- bzw. andere Daten haben sie Zugriff?

Prof. Dr. Krefting: Wir analysieren in verschiedenen Projekten unter anderem Biosignaldaten und virtuelle histologische Schnitte. Diese Daten stammen von Kooperationspartnern. Generische Technologien, wie zum Beispiel Methoden des sicheren Zugriffs auf Biobanksysteme, oder die browserbasierte Biosignalanalyse, entwickeln wir in Testsystemen und entsprechend mit anonymisierten Testdaten.

Wie sieht es in Richtung Formate und Datenschutz aus?

Prof. Dr. Krefting: Üblicherweise arbeiten wir mit anonymisierten oder pseudonymisierten Daten. Da insbesondere bei proprietären Formaten nicht immer gewährleistet werden kann, dass alle identifizierenden Daten entfernt wurden, sichern wir und unsere Partner sich natürlich mit entsprechenden Datenschutzerklärungen ab. Wir verpflichten uns unter anderem, die Daten nur auf hochschuleigenen Rechnersystemen zu verarbeiten. Wir sind bemüht, unsere Lösungen so zu entwickeln, dass die Algorithmen zu den Daten bewegt werden und die Analysen im sicheren Umfeld vor Ort laufen können.

Wie stellen sie sich die Zusammenarbeit mit interessierten jungen Unternehmen vor?

Prof. Dr. Krefting: Interessierte Unternehmen können sich per Email, Kontaktformular oder Telefon bei uns melden. Wir vereinbaren dann üblicherweise innerhalb von vier Wochen einen Kennenlerntermin. Meist verraten uns diese bereits die Grundidee, so dass wir schon die passenden Expert_innen innerhalb der HTW Berlin ansprechen und zu dem Termin einladen können. Gemeinsam diskutieren wir dann die nächsten Schritte. Dies kann von einem Beratungsgespräch über Studierendenprojekte bis zu gemeinsamen Drittmittelanträgen reichen. Durch die Förderung des Europäischen Strukturfonds können wir zurzeit kleinere Transferprojekte durch wissenschaftliche Mitarbeiter_innen aus den Bereichen Biotech, Datenanalyse, IT-Infrastruktur und Sensoring besonders unterstützen.

Welche Anwendungsgebiete gibt es? Bitte nennen Sie Beispiele.

Prof. Dr. Krefting: Die digitale Transformation verändert auch die Gesundheitsbranche zurzeit stark. Digital Health kann sich zum einen auf intelligente und mobile Medizintechnik beziehen. Hier geht es beispielsweise auch um medizinische Apps. Zum anderen bieten Innovationen im Bereich des maschinellen Lernens heute ganz neue Möglichkeiten in der Analyse biomedizinischer Daten, die zum Beispiel in sogenannten Entscheidungsunterstützungssystemen eingesetzt werden können.

Vielen Dank für diese Informationen!

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Prof. Dr. Dagmar_Krefting; Quelle: Dennis_Meier-Schindler, HTW

Das Centrum für biomedizinische Bild- und Informationsverarbeitung versteht sich als Plattform, die Partnern aus kleinen und mittleren Unternehmen (KMU) sowohl wissenschaftliche Kompetenzen als auch Technologien im Bereich Digitalisierung erschließt. Dies wird in Gestalt von Forschungsprojekten und Promotionsvorhaben, bei Beratungen und auf Veranstaltungen sowie durch die gemeinsame Nutzung moderner Infrastruktur geschehen. Auf diesem Weg will das Team des cbmi dazu beitragen, dass aus vagen Innovationsplänen konkrete Projekt- und Produktideen werden und auf diesem Weg Lösungskonzepte und technische Prototypen entstehen.

Der Bedarf dafür ist groß: Die Gesundheitswirtschaft zählt zu den führenden Branchen in Berlin und Brandenburg, das Innovationspotential in den Bereichen Medizintechnik und Biotechnologie ist gewaltig. Allerdings, so die Erfahrung der Wissenschaftler_innen, fehlt gerade in KMU oft das Know how für den Umgang mit und für die Analyse von großen Datenmengen. Außerdem mangelt es an der für Forschung und Entwicklung nötigen Infrastruktur, sprich: geeigneter Messtechnik, moderner Laborausstattung und passender Informationstechnologie.

All dies ist im cbmi der HTW Berlin vorhanden. Die etwa 40 Wissenschaftler_innen sowie Mitarbeiter_innen und Studierenden stehen für profunde Expertise und Erfahrung in den Bereichen Informationstechnologie, Ingenieur- und  Lebenswissenschaften. Das Kompetenzspektrum reicht von der Analyse biomedizinischer Massendaten über Machine Learning mit neuronalen Netzen bis zum Aufbau datenschutzkonforme Infrastrukturen. Dafür steht eine hochmoderne Infrastruktur in zahlreichen Laboren der Hochschule zur Verfügung. Seit 2013 akquirierten die Akteur_innen des cbmi insgesamt 46 Drittmittelprojekte, denen bis 2015 eine Förderung von über 2.8 Millionen Euro zuteil wurde. Dabei kooperierten sie mit 37 KMU.