Noch vor einigen Jahren waren ärztliche Ferndiagnosen in Deutschland eine Seltenheit, doch spätestens seit „Corona“ stieg die Anfrage enorm an. Im Fokus der Diagnostik stehen neben den üblichen Erkältungen vor allem intime Krankheiten, für die ein Arztbesuch auch vor der Krise nur ungern in Anspruch genommen wurde.

Deutschland hängt gegenüber den Nachbarländern in der Entwicklung telemedizinischer Leistungen deutlich hinterher. In Ländern wie England und den Niederlanden leisten Online-Kliniken bereits einen wichtigen Beitrag zur Unterstützung des Gesundheitssystems, etliche sind seit 2004 etabliert. Die Vorteile liegen auf der Hand: eine geschützte Privatsphäre, unkomplizierte Verschreibung von Medikamenten und keine Wartezeit auf Termine. Hier ein Überblick mit Hintergründen, warum der Trend zu Online-Diagnosen zunimmt:

Covid-19 Pandemie treibt die Nachfrage voran

Die Covid-19 Pandemie stellte die Gesundheitssystems in vielen Ländern, und auch in Deutschland, vor große Herausforderungen. Medizinisches Personal und die niedergelassene Ärzteschaft waren in besonderem Maße von der Ansteckungsgefahr betroffen, mussten aber dennoch für den Erhalt der Gesundheit und den Schutz der Bevölkerung sorgen.

Schnell war klar, dass die herkömmliche Art der Behandlung in der Pandemiezeit zahlreiche Probleme aufwirft. So wurden Krankschreibungen über das Telefon und die elektronische Rezept-Ausstellung als sinnvolle Alternativen herangezogen. Dabei wussten viele Experten nicht, dass es ähnliche Konzepte längst gibt. Seit geraumer Zeit etablieren sich Online-Kliniken, die darauf spezialisiert sind, Patienten über das Internet eine Ferndiagnose anzubieten. Dieser kontaktlose Weg der Behandlung erfolgt ohne mögliche Ansteckungsgefahr und ermöglicht Menschen auch in der aktuellen herausfordernden Zeit eine flächendeckende gesundheitliche Versorgung.

Patienten können sich beispielsweise auf Seiten wie der OnlineKlinik24 informieren und anschließend einen etablierten Anbieter für die Ferndiagnose besuchen. In der virtuellen Klinik werden bereits im Vorfeld die Vorteile und Nachteile der Medikamente sowie Erfahrungsberichte ausgewertet sowie grafisch dargestellt.  Gerade für ältere Menschen oder Angehörige von Risikogruppen ist die Ferndiagnose ein sicheres Verfahren, wenn es sich um kleinere Beschwerden oder die Ausstellung regelmäßiger Rezepten handelt. Der Ausbruch der Pandemie hat maßgeblich dazu beigetragen, dass Online-Kliniken einen Aufschwung erlebten und ins Bewusstsein der Bevölkerung gerückt sind.

Rechtliche Grundlagen

Im Dezember 2019 trat das digitale Versorgungsgesetz (DVG) in Deutschland in Kraft: mit Apps auf Rezept und digitalen Gesundheitsakten. So ermöglicht das Gesetz unter anderem Arztpraxen, ihr Angebot auf digitalem Weg zu erweitern, indem sie Apps oder Videosprechstunden anbieten. Deutschland öffnete damit endgültig die letzten Schritte für ärztliche Ferndiagnosen. Über EU-Richtlinien können Ärzte seit mehr als 15 Jahren Rezepte „aus der Ferne“ ausstellen.

Die Anzahl der Online-Kliniken nimmt zu

Online-Kliniken und Videosprechstunden durch Niedergelassene erfreuen sich steigender Beliebtheit. Zum einen ist diese Methode unkompliziert und zeitsparend, daneben genügt die einfache Eingabe von wenigen Daten – und man erhält sofort eine persönliche Betreuung. Auch für Personen, die Folgerezepte benötigen, ist diese Option ein Mittel der Wahl.

Oft können Rezepte direkt online eingelöst und Medikamente bestellt werden. Für viele Patienten bedeutet es eine enorme Entlastung, nicht immer den weiten Weg zur Arztpraxis und lange Wartezeiten auf sich nehmen zu müssen. Für Angehörige der Risikogruppen ist dies in Zeiten von Corona sogar ein erhöhter Sicherheitsfaktor.

Während vor einigen Jahren noch ein RX-Versandverbot zur Diskussion stand, ist es heutzutage kaum vorstellbar, ein Versandverbot für rezept-pflichtige Medikamente auszusprechen. Spätestens seit der Pandemie ist es wichtig, Arzneimittel auch per Postweg erhalten zu können.

Videosprechstunden häufiger

Moderne Arztpraxen haben ihr Sortiment und ihr Angebot längst erweitert. Es bleibt weiterhin nicht sinnvoll, jeden Patienten zur persönlichen Sprechstunde in die Praxis zu bitten. Viele Mediziner bieten bereits Videosprechstunden an oder veröffentlichen Apps bzw. Links zur Kontaktaufnahme bzw. für Folgerezepte. Neben den Online-Klinken, die oft nur bestimmte Lifestyle-Medikamente anbieten, wächst auch die Nachfrage nach Videosprechstunden, um den Arztbesuch vermehrt zu digitalisieren.

Online-Arztpraxen ersetzen keinen Arztbesuch

Allerdings kann eine Online-Arztpraxis die Niedergelassenen nicht ersetzen und versucht dies auch gar nicht. Schwerere Erkrankungen oder Krankheiten, bei denen die persönliche Untersuchung durch Bluttests, Abtasten und Abhören notwendig ist, können selbstverständlich nicht per Ferndiagnose erkannt und behandelt werden.
Für solche Fälle kann die Online-Arztpraxis nur eine erste Anlauf- und Informationsstelle sein, die die Patienten an die behandelnde Ärzteschaft weiterleitet.

Es bleibt abzuwarten, wie sich der Markt weiterhin entwickelt, die Nachfrage dürfte jedoch selbst mit einem Ende der Pandemie nicht extrem sinken. Die Vorteile von Online-Klinken und digitalen Arztpraxen überwiegen und werden in Zukunft wahrscheinlich immer häufiger genutzt.

Quelle: Thomas Meiser

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