Ob Therapie-Apps, Online-Coaching oder sonstige Webanwendungen: Gesundheits-Apps bahnen sich ihren Weg zum Kunden, über die Massenmedien oder die Gesundheitsberufe. Startups wie beispielsweise Ada Health (Chatbot für Symptome), Dipat (Digitale Patientenverfügung), Selfapy (Online-Coaching) oder vimedi (App für Medikamente) investieren inzwischen bis zu siebenstellige Beträge in direkte Kundenwerbung.

Auch Ärzte, Kliniken und Therapeuten empfehlen ihren Patienten vermehrt digitale Anwendungen. Beispielsweise wird Caspar Health (Online-Reha) als stationäre Nachsorge auf dem Tablet des Patienten integriert, Neolexon (digitale Sprachtherapie nach Schlaganfall) ist Bestandteil der Sprachtherapie der Logopäden. „Während Politik und medizinische Selbstverwaltung noch über das ,ob und wie‘ von Gesundheits-Apps diskutieren, werden diese längst integriert und genutzt“, so Alexander Schachinger, EPatient RSD GmbH, die Situation: „Was funktioniert, lässt sich nicht aufhalten“.

Vier entscheidende Trends konnte das Team um Schachinger für das aktuelle Jahr in seinem fünften DGM-Report ausmachen:

Apps konsolidieren und profilieren sich

Gesundheits-Apps haben im vergangenen Jahr enorm an Tiefe und Breite gewonnen. Anwendungsarten verschmelzen untereinander, beispielsweise Coaching, Tracking und Chatbots als Teil einer Gesamtlösung. Für umfassendere oder spezifische Zielgruppen werden digitale Versorgungslösungen angeboten: zur digitale Nachsorge oder als Therapeuten-Chats direkt nach Klinikentlassung. Diagnostik und Sensorik leistet in diversen Szenarien ohne zusätzliche Hardware das Smartphone. Online-Videosprechstunden und neue Chatbots werden einzeln oder kombiniert in der Versorgung eingesetzt. Ein Chatbot-Pilot in England (Babylon Health und NHS) zeigte massive Auswirkungen auf die Patientenströme in der Testregion London. 2018 und 2019 sollen die Startjahre der Online-Gesundheitsakte sein. Werden sie eine kritische Nutzermasse in der deutschen Bevölkerung erreichen?

Startups investieren mehr

Da die Produkte inzwischen ausgereift sind, konzentrieren Startups ihre Ressourcen vermehrt auf den Marktzugang. Werbebudgets steigen bei den Apps, die sich direkt an den Verbraucher wenden. Andere Unternehmen suchen sich über Ärzte, Kliniken und Therapeuten den Weg in die Versorgung. Krankenversicherungen bieten über ihre Kanäle Millionen von Versicherten digitale Versorgungslösungen an. Meine Prognose: Deutschland wird auch künftig dem Trend in anderen Ländern folgen, in denen Apps beispielsweise schon über Apotheken (als Point of Sale) bezogen werden können.

Digitale Therapien sind zunehmend erforscht

Mit jedem Jahr wächst die Anzahl an Publikationen mit einem Nutzennachweis für digitale Anwendungen. Sie werden zum Role-Model für eine Best Practice in der Versorgung. Drei exemplarische Erkenntnisse: a) Optimierung: Die App fußt auf einem wissenschaftlich anerkannten Modell der Verhaltensänderung und erzielt durch Produktoptimierung laufend bessere Ergebnisse, b) Individualisierung: Digitale Anwendungen individualisieren sich automatisch durch die Berücksichtigung von Nutzerdaten und steigern somit den Effekt, c) Integration in die Versorgung: Die App wird vom Arzt oder Therapeuten (ergänzend) in der Therapie eingesetzt und führt dadurch zu besseren Ergebnissen.

Bleibt schwierig: Digitale Geschäftsmodelle

Trotz des zunehmenden Hypes stellt eine nachhaltige Finanzierung von digitalen Gesundheitsanwendungen auch künftig noch eine Herausforderung dar. Drei Umsatzquellen haben sich auch dieses Jahr verstärkt manifestiert, zum einen sind dies die Verbraucher als Selbstzahler: Die Zahlungsbereitschaft für digitale Therapien beim Gesundheits-Surfer ist in den vergangenen vier Jahren von vier Prozent auf zehn Prozent gestiegen und Anbieter mit zahlungspflichtigen Produkten verzeichnen steil wachsende Nutzerzahlen. Zweitens Krankenversicherungen: Sowohl die Anzahl der Anbieter, die eine Form der Erstattung erhalten als auch die Anzahl der Krankenversicherungen, die dies ermöglichen, sind in den letzten Jahren exponentiell gestiegen. Zuletzt die ambulanten und stationären Versorger: ob als Eigeninvestition oder als abzurechnende Leistung – Ärzte, Therapeuten und Kliniken verwenden zunehmend digitale Versorgungslösungen für ihre Patienten im Versorgungskontext vor Ort.

Quelle: DGM Report, A. Schachinger