Digitale Teilhabe ist eine Herausforderung, mit denen sich auch Startups auseinandersetzen. Für unser Portal sind Lösungen zur Optimierung für den Alltag von Menschen mit Behinderung ein weiterer Aktivitätsbereich, den wir neben B2B und B2C im Healthcare-IT-Markt aufgreifen. Plattformen wie Hackathons bringen Entwickler mit der Zielgruppe zusammen und ermöglichen so praxistaugliche Apps.

Organisiert von Microsoft, Aktion Mensch und den Dodnedders, begeisterte die zweite Ausgabe des Hackathons Neue Nähe, diesmal im Medical Valley Erlangen, die engagierten Teilnehmer.

Die „Aktion Mensch“, die soziale Projekte für Menschen mit und ohne Behinderung fördert, hat sich die digitale Teilhabe als einen Schwerpunkt gesetzt. In Gesprächen mit Microsoft entstand die Idee zu dieser Hackathon-Reihe. Im Zentrum steht die Entwicklung nicht für diese Menschen, sondern mit ihnen, so Ulrike Eusterbrock, stellvertretende Pressesprecherin.

Für die Veranstaltung Ende Juni holte sich die Initiative gemeinsam mit Microsoft eine gut vernetzte regionale .Net-Entwickler-Community im Raum Franken ins Boot. Ulrike Stirnweiss von den Dodnedders hob die gute Zusammenarbeit mit den Menschen mit Behinderung hervor und freute sich besonders über die Möglichkeit, entstehende Lösungen gemeinsam zu testen.

Seit vielen Jahren setzt sich Microsoft für die Inklusion ein. Auch in diesem Zusammenhang plädiert Satya Nadella, Microsoftchef, für die Demokratisierung der künstlichen Intelligenz. Das Ziel ist die Entwicklung von Produkten, die die Lebensqualität auch behinderter Menschen deutlich erhöhen. Diesen Ansatz haben die Teilnehmer in Erlangen motiviert aufgegriffen, so Marco Richardson, Technical Architect Microsoft.

 

Schluss mit Apps, die den realen Bedarf nicht einbeziehen

 

Die drei Hackathon-Tage dieser Reihe boten eine tolle Vielfalt: Lightning Talks = Kurzvorträge brachten unter anderem eine Zusammenfassung der letztjährigen Preisträger GoodVibrations, die Geräusche sichtbar machen. Auch technologische Themen insbesondere wie Microsoft-Trendtools zeigten die Nutzenvorteile von Cognitive Services, Azure Bot und HoloLens.

Viele intensive Gespräche zeigten den Wertbeitrag der „Betroffenen“, der Menschen aus den Zielgruppen – ohne deren Input entstehen gegebenenfalls Produkte ohne realen Nutzen. Dies unterstrich Andreas Costrau, der sich als Gehörloser schon in Berlin 2016 intensiv eingebracht hatte. Er engagiert sich dafür, das gegenseitige Verständnis für die Kulturen der Menschen mit Einschränkungen und der „Normalos“ zu fördern. Andreas wies auch darauf hin, dass Schlüssel-Kommunikationsmittel wie Telefon, Morsealphabet für Telegramme und Internet ursprünglich von bzw. für Menschen mit Behinderungen erfunden worden waren. Interview

Bei super Stimmung dauerten Coding und Ideenaustausch bis tief in die Nacht, bei Getränken und Candybar. Zu den Projekten der engagierten Hackathon-Gemeinschaft zählten die visuelle Bedienung von Touchscreens (für Blinde) und der auf Gesichtserkennung beruhende automatisierte Aufruf von Telefonverbindungen.

 

Feierliche Preisverleihung

Gemeinsam mit Betroffenen und Experten: die drei Gewinnerteams (Foto: Faktor 3 AG)

Gemeinsam mit Betroffenen und Experten: die drei Gewinnerteams (Foto: Faktor 3 AG)

 

Den dritten Preis erhielt das Team „GreenDrop“: Marcel und Luca Tilly schaffen für Menschen mit Einschränkungen mit Hilfe von Piktogrammen Zugang zur Online-Welt. Die selbstlernende Bilderkennung verknüpft Bilder mit Anwendungen, beispielsweise einer Wetter-App oder dem E-Mail-Client. Die jeweilige Applikation startet nach Identifikation des Bildes automatisch.

Platz zwei ging an das Team „Multi-Inklusionstool für Notrufe und Hausautomatisierung“. Tobias Müller-Zielke und Nils Pickert ermöglichen es Menschen mit unterschiedlichen Behinderungsformen, Signale in Notfallsituationen abzusetzen und „Smart Home“-Elemente zu steuern. Damit trägt die Lösung zu einem selbstbestimmteren Leben und mehr Sicherheit in den eigenen vier Wänden bei. Diese Technologie ist über Sprachsteuerung, Lautstärke und via Knopfdruck nutzbar. Dabei werden bestehende Soft- und Hardware-Lösungen einfach integriert.

Sieger wurde Team „Birne 7.0“: Sieben Entwickler aus dem studentischen Umfeld der Hochschulen Erlangen um Fatma Ari überzeugten die Jury mit einem ganzheitlichen und nachhaltigen Ansatz: Die für Menschen mit Sehbehinderung barrierefrei aufbereitete Plattform zentralisiert den Austausch und Dialog. Dort können Menschen mit Behinderung konkrete Probleme aus dem Alltag einstellen, die dann von Programmierern mit modernen Cloud-Technologien gelöst werden. Neben dem virtuellen Dialog fördert BIRNE 7.0 den Austausch auf regionaler und überregionaler persönlicher Ebene und zeigt bestehende Lösungen.

Hoffentlich wird diese tolle Aktion auch im kommenden Jahr fortgeführt. Eine Videoplaylist folgt auf unserem Portal.

Von Mirjam Bauer und Michael Reiter