Nahtlose Integration der Daten aus Digitalen Gesundheitsanwendungen (DiGA) in die elektronische Patientenakte (ePA) ermöglicht kontinuierliche Therapiebegleitung und verbesserte Behandlungsqualität. Doch was bedeutet dieser Meilenstein für die behandelnden Ärzt*innen in der Praxis und welche Herausforderungen begegnen ihnen?
Die Digitalisierung im Gesundheitswesen erreicht einen neuen Meilenstein: Oviva für Menschen mit Adipositas hat 2024 über 100.000 Menschen unterstützt und ist als vollständig an die ePA 3.0 (ePA für alle) angeschlossen. Ärzte und Ärztinnen können dank dieses technischen Fortschrittes erstmals kontinuierlich einen Echtzeit-Einblick in die Therapiefortschritte ihrer Patienten erhalten.
Die verpflichtende Anbindung von DiGAs an die ePA gemäß § 6 DiGAV überwindet eine zentrale Hürde in der digitalen Patientenversorgung. „Sofern der Nutzende den behandelnden Leistungserbringer zur Einsicht in die ePA berechtigt hat, kann der Leistungserbringer die versorgungsrelevanten DiGA-Daten aus seinem vertrauten Primärsystem einsehen, ohne eine DiGA-spezifische Schnittstelle bedienen zu müssen“, so die gematik in ihrem aktuellen TI-Leitfaden. Die Daten werden dabei in standardisierter Form als DiGA-MIO (Medizinisches Informationsobjekt) in die ePA übertragen. Diese Standardisierung gewährleistet, dass behandelnde Ärzt*innen unabhängig von der verwendeten DiGA auf einheitlich strukturierte Patientendaten zugreifen können.
Was bedeutet die ePA 3.0 für Ärzte und Ärztinnen in der täglichen Praxis?
Die Integration von DiGA-Daten in die ePA 3.0 bringt konkrete Vorteile für den Praxisalltag. Behandelnde erhalten erstmals regelmäßige Einblicke und Updates über Therapiefortschritte ihrer Patient*innen, ohne zusätzlichen administrativen Aufwand betreiben zu müssen. Diese kontinuierliche Therapieüberwachung ermöglicht es, durch den Zugang zu detaillierten Verlaufsdaten, Behandlungsstrategien präziser anzupassen und zu individualisieren.
Besonders vorteilhaft ist dabei die nahtlose Integration: Die DiGA-Daten sind im bekannten Primärsystem ohne extra Software oder neue Schnittstellen sofort verfügbar. Dies führt zu einer erheblichen Zeitersparnis, da Patient*innen nicht extra mündlich befragt oder zusätzliche Systeme verwendet werden müssen.
Herausforderungen in der Praxis
Trotz der positiven Entwicklungen bestehen noch Hürden in der alltäglichen Anwendung. Vor allem Ärztinnen und Ärzte müssen sich mit der ePA vertraut machen, da sie für ihre Patient*innen oft der/die erste Ansprechpartner*in sind. Die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) bietet dafür neben verschiedenen Infoblättern und Serviceheften auch Lernvideos sowie Online-Fortbildungen an. Letztere wird mit sechs CME-Punkten vergütet.
Komplexe Patientenführung: Viele Patient*innen könnten mit der Einrichtung und Nutzung der ePA und der GesundheitsID überfordert sein, was zu niedrigen Nutzungsraten führt und so den Nutzen für die Praxis schmälert. Die GesundheitsID ist die digitale Identität, die im deutschen Gesundheitswesen verwendet wird, um Versicherten einen sicheren Zugang zu digitalen Anwendungen und Diensten zu ermöglichen.
Unzureichende Patienten-Aufklärung: Patient*innen könnten vergessen, ihre DiGA-Daten freizugeben oder den Prozess nicht vollständig verstehen, sodass wichtige Therapiedaten nicht verfügbar sind. T. Richner (Oviva, Bild) bestätigt diese Herausforderungen: „Die Authentifizierungsprozesse für die ePA in den verschiedenen Krankenkassen-Apps sind teilweise sehr komplex. Die Einrichtung, Nutzung sowie der Einsatz der GesundheitsID ist oft wenig intuitiv für Patient*innen gestaltet. Es ist davon auszugehen, dass viele Nutzer*innen von der Komplexität abgeschreckt werden und ihre GesundheitsID nicht einrichten.“
Zusätzliche Beratungszeit: Ärzt*innen müssten zusätzliche Zeit investieren, um Patient*innen bei der korrekten Einrichtung der ePA-Zugänge zu unterstützen. Im regulären Praxisalltag ist diese Wissensvermittlung oft nicht abbildbar. Dazu kommt die Interpretation und Einordnung der kontinuierlichen Datenströme aus DiGA, die neue Beratungskonzepte und gegebenenfalls zusätzliche Gesprächszeit erfordert.
Ausblick: Die Zukunft der digitalen Patientenversorgung
„Die flächendeckende Anbindung von DiGAs an ePA 3.0 schafft ein integriertes digitales Gesundheitsökosystem”, fasst Anna Haas, Chief Commercial Officer bei Oviva und Board Member des Spitzenverband Digitale Gesundheitsversorgung, zusammen. Dies eröffnet Perspektiven für weitere innovative Anwendungen wie die digitale DiGA-Verordnung, die den Verordnungs- und Einlöseprozess medienbruchfrei gestalten könnte.
Quelle: Oviva