Was ist eigentlich das Quadruple Aim und bringt es uns in der Diskussion um eHealth, mHealth, Telemedizin & Co weiter? Dazu gab es einen ersten Impuls von Roland Scheffer aus Utrecht auf dem ersten Kommentierungsfrühstück am 4. August. Die Reihe der Kommentierungsfrühstücke – inzwischen drei an der Zahl, am 9. Oktober fand das dritte als Hybrid-Meeting mit MdB Matthias Mieves statt – wurde im Sommer auf Sylt und in Berlin ins Leben gerufen; die Inititatorinnen sind Mirjam Bauer, Thies Eggers, Ingo Horak, Carmen Gaa, Alexandra Jorzig und Sophia Schlette. Uns beschäftigt die Frage, wie wir versorgt werden wollen, ob wir wissen, welche Versorgungsoptionen es überhaupt gibt – und in welch eng gestecktem Rahmen diese in unserer derzeitigen sozialrechtlichen Verfasstheit überhaupt realisiert werden können.

Es ist wie die Matruschka-Puppe – hinter der Frage, Puppe in der Puppe, in der Frage selbst verbirgt sich im Grunde die Frage nach dem Big Picture, nach einer verbindenden Zielevision oder gesamtgesellschaftlich konsentierten Strategie für zeitgemäße Gesundheitsversorgung. Doch zurück zu den Zielekonzepten aus den Frühstücksrunden:

Das Quadruple Aim (2014) besteht aus vier sich wechselseitig bedingenden und verstärkenden Zieldimensionen eines stimmigen Gesundheitsversorgungssystems. Diese Ziele sind:

  1. Bessere Versorgungsqualität (better care / improved patient experience)
  2. Bessere Bevölkerungsgesundheit (better health outcomes)
  3. Geringere Kosten (lower costs)
  4. Höhere Arbeitszufriedenheit der Versorger (improved caregiver / clinician experience)

Das Quadruple Aim baut auf dem Triple Aim auf, einem im Jahr 2007 entwickelten Zielbild für Gesundheitsversorgung. In den USA lieben sie einprägsame Bilder: So wird das Triple Aim gern als dreibeiniger Hocker beschrieben – eine Metapher für die wechselseitige Abhängigkeit der Ziele: fehlt ein Bein, bricht der Hocker zusammen. Der übrigens auch herhalten muss als Bild für die Altersvorsorge in den USA, die auf drei Säulen fußt. Mit dem vierten Ziel erweitern die Autoren 2014 das Triple Aim um die Perspektive der Caregiver. Denn gute Versorgung steht und fällt mit Arbeitszufriedenheit und Arbeitsbedingungen von Ärzt:innen, Gesundheitsfachkräften und Laienpfleger:innen.

Das Quintuple Aim: ein lernendes, operationalisierbares Ökosystem

Zu den vier Zieledimensionen kam 2022 ein fünftes Ziel, Versorgungsgerechtigkeit, hinzu: Man habe es sich nicht leicht gemacht, so die Autor:innen. Aber ausklammern oder ignorieren können sie Health Equity nicht: Werden Zugangs- und Verteilungsfragen in der Gesundheitsversorgung nicht ausreichend berücksichtigt, verschlechtern sich die Outcomes, erhöhen sich die Kosten, schreiben sie – so die Evidenz: Auch ein fünfbeiniges Konstrukt kann kippen.

In den USA hat das öffentliche Versorgungsforschungsinstitut Agency for Healthcare Research and Quality (AHRQ, mit seiner evidenzbasierten Transformationsabteilung ACTS) das Quintuple Aim als operationalisierbares Ökosystem aufgegriffen und setzt es um. Mit dem Quadruple Aim arbeiten Gesundheitssysteme, IT-Verbände wie HIMSS, HMOs und die VBHC-Community schon seit geraumer Zeit – weltweit (Niederlande, Österreich, Kanada…).

Autorin: Sophia Schlette, Quelle Bild: AHRQ 2023