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Der Verband digitale Gesundheit e. V. (VdigG)  fordert aufgrund des ausbleibenden Erfolgs der Projekte Elektronische Gesundheitskarte (eGK) und Telematikinfrastruktur (TI) ein Umdenken zur Realisierung wichtiger Digitalisierungsprojekte. Dafür setzen sie sich unter anderem durch den Dialog der wichtigsten Akteure betroffener Branchen auf der XPOMET© Convention 2018 ein.

Die Einführung der eGK und der Aufbau der TI ist im Hinblick auf die vor mehr als zehn Jahren gesetzten Ziele mittlerweile, insbesondere technologisch, kein Erfolgsprojekt. Ulrich Pieper, Vorstandsvorsitzender des Verbands digitale Gesundheit, ist sicher, dass ein weiteres Festhalten an der eGK ohne grundlegende Anpassung der Entscheidungsstrukturen die rasche Einführung einer auch politisch geforderten einrichtungsübergreifenden elektronischen Patientenakte (ePA) erschweren wird. Die eGK entstammt einer Zeit, in der Daten auf Karten gespeichert oder diese für den Datenzugriff verwendet wurden. Die Zeiten haben sich geändert. Heute ist das mobile Gerät, das Smartphone, wesentlicher Eintrittspunkt des Menschen in die digitale Datenwelt. Das dürfe man bei der Diskussion um die eGK auch nicht vergessen, mahnt Dr. Philipp M. Schäfer, Vorstandsvorsitzender des VdigG: „Bei aller Hoffnung auf schnelle digitale Lösungen waren die Betroffenen 2006 einfach noch nicht bereit für das Thema einer eGK.“

„Mit der Realisierung einer elektronischen Patienten- oder Gesundheitsakte wird die Grundlage geschaffen für die Vernetzung und den einfachen Datenaustausch zwischen den Leistungserbringern und denen, die an Behandlung und Versorgung des Patienten beteiligt sind“, so Prof. Dr. Elmer, Vorstand Strategie & Markt des VdigG. Für diesen Zweck ist die eGK jedoch aus heutiger Sicht nach über einem Jahrzehnt Entwicklungszeit ungenügend.

Laut E-Health-Gesetz sollen ab dem 01.01.2019 alle Versicherten Anspruch auf eine Elektronische Patientenakte haben – inklusive wichtiger elektronische Dokumente wie Arztbriefe, Medikationsplan, Notfalldatensatz etc.

Prof. Elmer sieht in der ePA vor allem auch eine Grundlage für den mündigen und autonomen Patienten: „Der elektronischen Patientenakte liegt die Kernidee zugrunde, dass der Patient direkt und selber Zugang zu seinen Daten bekommt, womit sie Königsdisziplin der digitalen Gesundheit ist. Der Patient wird so in die Lage gesetzt, sich noch aktiver um die eigene Gesundheit zu kümmern und eigenständig im Sinne des informationellen Selbstbestimmungsrechts zu entscheiden.“

Laut Pieper müsse sich der Patient zwar wohl oder übel darauf einstellen, dass die Sichtbarkeit und Verfügbarkeit seines Patientenprofils im Gesundheitsmarkt steigen wird, doch die Vorteile überwiegen die Nachteile für den Patienten deutlich. Dies zeigen nicht nur Erfahrungen aus anderen Ländern wie Österreich oder Dänemark, sondern auch eine jüngste Studie der pronovaBKK: 77 Prozent der Deutschen sind der Digitalisierung des Gesundheitswesens, die auch die Entwicklung einer ePA beinhaltet, durchaus positiv eingestellt und sehen einen Vorteil in der Speicherung der Daten und deren Aufbereitung – jedoch unter der Berücksichtigung, dass die Datensicherheit auf höchstem Niveau gewahrt wird.

Doch nicht die Frage des Datenschutzes sei das wirklich offene Thema, sondern die Betreiberfrage einer oder mehrerer Gesundheitsakten, so Pieper. Es sei fraglich, ob es die ePA in der Form, in der das E-Health-Gesetz sie vorsieht, überhaupt geben werde. Viel wahrscheinlicher sei eine Mehrzahl von Lösungen und Anbietern und somit eine eher dezentrale Speicherung der Daten. Pieper: „Es wird neben einer basalen, rechtlich geforderten Patientenakte eine Vielzahl an alternativen und erweiterten Angeboten geben, die sich als elektronische Gesundheitsakte kleiden, jedoch im Endeffekt nicht viel anderes darstellen als das, was das Konzept einer übergreifenden ePA ausmacht.“

Wichtig ist bei der technischen Entwicklung der ePA die Handhabbarkeit für die versorgenden Ärzte. Diese kann nur gewährleistet werden, wenn der behandelnde Arzt unabhängig vom Aktenanbieter in seinem Praxisverwaltungssystem mit einer von der ePA unabhängigen Oberfläche und den gleichen Features arbeiten kann. Rechtlich ist die Frage der ärztlichen Haftung beim Umgang mit der ePA weiterhin eine große Baustelle.

Der Verband digitale Gesundheit fordert von der neuen Bundesregierung ein, von der Entscheidungs­und Richtlinienkompetenz Gebrauch zu machen. Er wünscht verpflichtende Regelungen zu Kooperation, Datenlieferung, Datenstandards und Datenschutz, da diese unweigerlich an oberster Stelle derjenigen Themen stehen, die übergeordnet für die verschiedenen Beteiligten vorzugeben sind.

Dabei sei es nicht zwingend notwendig, ein eigenes „E-Health-Institut“ o.ä. zu schaffen, so Prof. Elmer. Man könne durchaus auf vorhandene Institutionen und Kompetenzen zurückgreifen bzw. diese einbinden, etwa das BSI (Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik) für Datenschutz und – sicherheit sowie das DIMDI (Deutsches Institut für Medizinische Dokumentation und Information) als medizinische Datenbank. Ein zentrales Beratungsgremium kann dann eine einheitliche Vernetzung und Regelung des gesamten Gesundheitsmarkts schaffen und überwachen. Fragen nach Datenschutz und -sicherheit sind keine exklusive Fragestellung des Gesundheitswesens und sollten nicht nur Sektoren-, sondern von Anfang an auch Branchen- und Ministerien-übergreifend gedacht werden. Sowohl mit dem BMI als auch mit dem BMWi ist eine Abstimmung im Sinne von E- Government-Lösungen, wie diese international bereits erfolgreich existieren, notwendig.

Die Schaffung einer gesellschaftspolitischen Umgebung, die die Digitalisierung im deutschen Gesundheitswesen möglich und angstfrei nutzbar macht, ist ein Ziel des Verbands digitale Gesundheit. Gerne stehen wir zur Einbringung von Know-How und Kompetenzen sowie als Vertreter verschiedener Interessengruppen des Gesundheitswesens für die Diskussion und Mitgestaltung von Lösungen zur Verfügung.

Ein erster Schritt bei der Verfolgung dieses Ziels ist die XPOMET© Convention vom 21. – 23. März 2018. Hier sind die wichtigsten Akteure eingeladen, um in Gesprächen Output für Wirtschaft und Politik zu generieren, sodass die ePA bald Realität wird.

Von VdigG , Quellen: https://www.pronovabkk.de/downloads/14e3337132d6b4b5/Studie-Gesundheitsversorgung 2017.pdf und http://www.bgbl.de/xaver/bgbl/start.xav?startbk=Bundesanzeiger BGBl&jumpTo=bgbl115s2408.pdf