Am Zeiss Innovation Hub auf dem Campus des Karlsruher Instituts für Technologie (KIT) haben sich seit seiner Eröffnung im Frühjahr 2020 bereits erfolgreiche Kooperationen und Projekte etabliert. Das Unternehmen Zeiss möchte in dem Hub die Ansiedlung von Hochtechnologie- und Digital-Startups ermöglichen, sowie eigene Innovations- und Neugeschäftsaktivitäten betreiben. So eröffnen sich am KIT neue Chancen, gemeinsam mit weiteren Experten, die Technologien der Zukunft zu gestalten. Jüngstes Beispiel für die enge Vernetzung mit der Wissenschaft ist ein kürzlich gestartetes Promotionsprojekt im Bereich „Machine Learning“.

Maschinelle Lernmethoden: Mit wenig Trainingsdaten zum Erfolg

Die Doktorarbeit von Simon Reiß beschäftigt sich mit Trainingsdaten und dem Feld Maschineller Lernmethoden. Bei industriellen Inspektionen oder in der medizinischen Diagnostik fallen Bilddaten in großen Mengen an. Wichtig ist dabei neben der Qualität der Aufnahmen die anschließende Analyse der gewonnen Bilder. Eine manuelle Auswertung der Bilder wäre aufgrund des hohen Zeitaufwandes nicht durchführbar. Stattdessen haben sich in den letzten Jahren Verfahren aus dem Bereich des maschinellen Lernens für die automatische Bildanalyse und -verarbeitung etabliert, vor allem in den Bereichen der Segmentierung, Detektion und Klassifikation.

Automatische Bild-Segmentierung: Lernen anhand von kleinen Beispiel-Datensätzen

Damit die Bildanalyse automatisch erfolgen kann, muss dem Computer mit Verfahren der Künstlichen Intelligenz jedoch erst beigebracht werden, wo und wonach er in den Aufnahmen suchen soll. Beispielsweise nach Pathologien und Anomalien in medizinischen Bildern.

Aktuelle Methoden sind oft auf viele akkurat annotierte Bild-Beispiele angewiesen, um dem Algorithmus komplexe Aufgabenstellungen beizubringen. Für das Erlernen der automatischen Segmentierung von Hirntumoren in MRTs benötigt ein Machine-Learning-Algorithmus eine große Anzahl an Hirn-MRTs, in denen Experten das Tumorgewebe gekennzeichnet haben, sogenannte annotierte Trainingsdaten. Da die Datenannotation kompliziert und zeitintensiv ist, sind solche Trainingsdaten häufig nur in begrenztem Maße verfügbar. Besonders, wenn die Algorithmen Bilder in bedeutungsvolle Bereiche unterteilen – segmentieren sollen, werden Pixel für Pixel gekennzeichnete Bilder für das Training der Algorithmen benötigt.

Das Ziel seines Promotionsprojektes mit dem Titel „Bildsegmentierung bei kleinen Datensätzen und wenigen Annotationen“ ist, eine maschinelle Lernmethode zu entwickeln, bei der der Algorithmus nur wenige Trainingsdaten oder auch Annotationen benötigt, um ein qualitativ hochwertiges Ergebnis zu liefern.

Krankheiten bereits in der Entstehungsphase erkennen

Die Auswertung von Bildern der Netzhaut im Auge ermöglicht es schon heutzutage Diagnosen für Krankheiten in ihrer Entstehung zu treffen. Hierzu müssen Experten sogenannte OCT Scans, die durch neuste Bildgewinnungsverfahren entstehen zeitaufwändig nach auffälligen Strukturen durchsuchen und interpretieren. Ein unterstützendes System, das diese Scans für die Experten vorverarbeitet und Anzeichen von Erkrankungen segmentiert, kann Experten direkt auf kranke Ausschnitte aufmerksam machen. Dazu sind Bildverarbeitungsverfahren mittels Maschinellen Lernens in der Lage.

Hierbei liegen zwei Schwerpunkte des Promotionsprojektes. Wie kann mit einer geringeren Datenbasis ein solches System funktionieren? Und, wie können maschinelle Lernmethoden von Annotationen lernen, die ungenauer sind, dafür aber den Experten beim Erstellen weitaus weniger abverlangen?

Die Doktorarbeit von Reiß ist ein gemeinsames Projekt des Computer Vision for Human-Computer Interaction Lab (CV:HCI) des KIT und Zeiss. Simon Reiß profitiert dabei lokal vom Innovation Hub und ist als Doktorand in das Machine Learning Team der Konzernforschung eingebunden, welches mit Standorten in Jena, Oberkochen und München die Verwendung und Weiterentwicklung von Machine Learning und Bildverarbeitungsmethoden für die Zeiss Gruppe vorantreibt.

„Der internationale Austausch von Ideen, die wunderbare Tendenz von Industrie und Forschungsinstituten Ergebnisse und Einsichten zu teilen und die ununterbrochene Veränderung, faszinieren mich an der Computer Vision Community“, sagt Reiß.

„Computer Vision Hackathon“ am KIT

Die Kooperation mit dem CV:HCI Lab des KIT geht über diese erste gemeinsame Doktorarbeit weit hinaus. Vom 25. bis 27.September findet der Computer Vision Hackathon am KIT statt, bei dem der Lehrstuhl akademischer Partner ist. Bei dem Hackathon stellen sich ambitionierte und kreative Köpfe realen Herausforderungen aus der Praxis der Datenexperten und Bildverarbeitungsspezialisten von Zeiss und der KIT-Forschungsgruppe. Diese reichen von der virtuellen Brillenanprobe bis hin zur Unterstützung einer sehbehinderten Person bei der Navigation in einer überfüllten Umgebung.

Weitere Informationen: http://hackathon.zeiss.com

Quelle Text und Bild: Zeiss