Die Nutzung von Digital Health-Lösungen in der deutschen Bevölkerung schwankt, der Markt ist unscharf fragmentiert. Doch globale Anbieter von Plattformen, Tracking-Lösungen und Consumer Technology gewinnen jährlich größere Anteile. Laut einer aktuellen Befragung zur digitalen Gesundheit bevorzugen die über 6.000 Teilnehmenden Plattformen und Lösungen von Big-Tech- und Social-Media-Konzernen zunehmend für das Konsumieren, Informieren und Tracken von Vitaldaten. Mit Ausnahme des E-Rezeptes stagnieren oder verlieren nationale E-Health-Lösungen an Marktanteil.
Bemerkenswert ist das solide Wachstum von Tracking-Apps zur Messung von alltäglichen und medizinisch relevanten Vitalwerten. Führende Anbieter sind hier Samsung, Apple und Google (fitbit). Dies bestätigt den globalen Trend der digitalen Transformation im Bereich der Daten und Devices auch in Deutschland.
Unter den Smartphone-Nutzern in Deutschland (85 Prozent der Bevölkerung) stieg das digitale Trackingverhalten von 18 im Jahr 2021 auf 23 Prozent im Jahr 2023. Acht von zehn Nutzern setzen dabei auf Lösungen von internationalen Big-Tech- oder Consumer-Electronics-Anbietern, sprich: Die Vitaldaten von rund 12 Millionen Deutschen sind auf Servern in den USA und Südkorea gespeichert.
Die am häufigsten verwendeten app- oder web-basierten Gesundheitsanwendung sind Big-Tech- und Social-Media-Plattformen wie Google, YouTube, Apple Health, Samsung, Instagram, Facebook und TikTok (45 Prozent). Auf Platz 2 befinden sich die Gesundheitsportale deutscher Medienhäuser (24Prozent), gefolgt von Apps und Webseiten von Krankenkassen (14 Prozent) sowie Apotheken (11 Prozent).
Besonders in der Zielgruppe unter 39 Jahren sind Big-Tech und Social-Media 2,5-mal stärker verbreitet als in der Zielgruppe über 60 Jahre. Ähnlich verhält es sich mit Apps und digitalen Anwendungen der Apotheken, die von Personen unter 39 Jahren doppelt so häufig genutzt werden wie von Personen über 60 Jahren. Konkrete Digital Health-Anwendungen, wie etwa strukturierte Gesundheitskurse, verzeichnen nach einem starken Rückgang nach dem Lockdown eine Stagnation, während die Online-Videosprechstunde leicht von 17 auf 14 Prozent zurückgeht. Die Online-Psychotherapie brach weniger stark ein (von 12 auf 11 Prozent) und wurde von knapp jedem zweiten Anwender monatlich genutzt.
Vier von zehn deutschen Online-Befragten nutzen gelegentlich eine App ihrer Krankenkasse oder Krankenversicherung, wobei Jüngere dies häufiger tun als ältere. Der Anteil der Personen, die eine App von ihrer Arztpraxis erhalten haben, stieg innerhalb von zwei Jahren von 6 auf 12 Prozent. Dabei handelt es sich weniger um digitale Gesundheitsanwendungen (DiGA), sondern um Apps für verordnete Medizingeräte oder zur Medikamenteneinnahme.
Fazit
Die vermehrte Nutzung von Big-Tech- und Social-Media-Plattformen für Gesundheitsthemen, insbesondere durch jüngere Bevölkerungsschichten, birgt Herausforderungen für eine nachhaltige und national steuerbare Gesundheitskompetenz sowie für datenbasierte Prävention und Therapie. Insbesondere führende Social-Media-Plattformen entwickeln sich derzeit zu einem politik- und sachfreien Raum, in dem infotainment-ähnliche Kurzvideos verschiedener Absender neben tendenziell eher extremen Agenda Setting-Akteuren zunehmend dominieren (siehe exemplarisch in: The Economist: The end of the social network. Ausgabe Februar 2024).
Quelle: EPatient Survey