Portrait Tim SeitheTim Seithe ist Mitgründer und Chief Medical Officer von viomedo und möchte mit seinem Team klinische Studien und Betroffene zusammenbringen (siehe Startup-Portrait). Momentan hat er sein Medizinstudium an der Charité unterbrochen, um sich voll und ganz seinem Startup zu widmen.

Tim, ihr wollt mit viomedo erreichen, dass medizinischer Fortschritt schneller bei den Betroffenen ankommt. Warum habt ihr dazu das Thema „klinische Studien“ angefasst?

„Bevor eine neue Behandlungsmethode auf den Markt kommt und verschrieben werden kann, muss sie umfassend im Rahmen von klinischen Studien erforscht werden. Dadurch wird untersucht, ob eine Behandlung sicher ist und für Patienten einen tatsächlichen Vorteil bringt.

In der Regel dauert die Entwicklung eines neuen Medikaments 13,5 Jahre, wovon 6,5 Jahre allein auf klinische Studien entfallen. So lange müssen Betroffene warten, bis ein Arzt Ihnen die neue Therapie verschreiben kann.

Aus diesem Grund stellt die Teilnahme an einer klinischen Studie für Betroffene meist die einzige Möglichkeit dar, frühzeitig eine neue Behandlungsmethode zu erhalten. Das Problem ist, dass momentan kaum ein Patient von der Möglichkeit einer Studienteilnahme weiß. Daher bleibt den meisten Patienten dieser Zugang zu der neuen Therapie verschlossen und sie müssen bis zur Zulassung warten. Das heißt konkret, dass sie im schlimmsten Fall erst 6,5 Jahre später mit der Therapie behandelt werden können, als es durch eine Studienteilnahme möglich gewesen wäre.

Indem wir Patienten über viomedo den Zugang zu klinischen Studien erheblich vereinfachen, können nun deutlich mehr Patienten eine Teilnahme in Betracht ziehen und schneller Zugang zu neuen Behandlungen erhalten. Dadurch ergibt sich auch ein Vorteil für alle Betroffene. Selbst für diejenigen, die nicht an einer Studie teilnehmen. Dadurch, dass über viomedo Patienten einfacher eine passende Studie finden, können die Studien schneller abgeschlossen werden. So verkürzt sich die Dauer der klinischen Entwicklung und Medikamente können schneller zugelassen werden. Innovative Behandlungen erreichen so schneller die Betroffenen, die sie so dringend benötigen.“

Eure Zielsetzung beschreibt sehr gesellschaftsorientierte Ziele – würdest du viomedo als Sozialunternehmen bezeichnen?

„In der Tat verfolgen wir mit viomedo gesellschaftsorientierte Ziele. Wir wollen erreichen, dass es für Patienten einfacher wird, von innovativen Behandlungsmethoden zu profitieren. Wenn wir Erfolg haben, können wir dazu beitragen die Gesundheit von vielen Menschen zu verbessern und den medizinischen Fortschritt zu beschleunigen.

Neben der Lösung des gesellschaftlichen Problems, dass klinische Studien bisher für viele Betroffene schwer zugänglich sind, konzentrieren wir uns auch auf die Monetarisierung unserer Idee. Wir kooperieren hierzu bspw. mit Studienanbietern wie Pharmaunternehmen und Forschungseinrichtungen, die unsere Plattform als Rekrutierungskanal nutzen. Zukünftig möchten wir dieses Geschäftsmodell noch ausweiten und mehr Studien anbieten, sowohl aus Industrie als auch aus Forschung.

Bei dem Begriff Sozialunternehmen denke ich immer an ein gemeinnütziges Unternehmen. Deshalb tue ich mich ein bisschen schwer, viomedo als ein solches zu bezeichnen. Ich denke aber, dass man die soziale Relevanz von viomedo und den Wachstumsgedanken gut miteinander kombinieren kann.“

Habt ihr für euer Startup einen Businessplan geschrieben? Warum (nicht)?

„Ja, wir haben einen ausgereiften Businessplan geschrieben, um die Erfolgschancen und Risiken von viomedo abzusehen – für unsere langfristige Planung sehr wichtig. Zum anderen haben wir ihn für die externe Kommunikation genutzt, um Investoren und Partner zu gewinnen.“

Welche Aspekte sind für ein Startup im Healthcare-Sektor deiner Meinung nach besonders wichtig?

„Um sich als Startup im Gesundheitsbereich zu etablieren, braucht es zunächst einmal Geduld und Durchhaltevermögen. Der Gesundheitsmarkt ist als solcher sehr komplex. Es gibt viele Interdependenzen, die man bei seinen Entscheidungen und Handlungen berücksichtigen muss. Sie führen oft dazu, dass bis zur Realisierung einer Idee oft viel Zeit vergeht.

Ein weiter wichtiger Punkt ist für mich Empathie. Gerade wenn man an Ideen arbeitet, die direkt mit Patienten zu tun haben, darf man nie die Bedürfnisse der Patienten aus den Augen verlieren. Man muss in der Lage sein, sich in die Umstände der Patienten einfühlen zu können, um ein Produkt oder eine Dienstleistung zu entwickeln, die den Gesundheitszustand der Patienten langfristig verbessern können.“

Was passiert mit viomedo in den nächsten zwölf Monaten, was in den nächsten fünf Jahren?

„In den nächsten zwölf Monaten wollen wir unsere Plattform weiterentwickeln. Dazu zählt vor allem, dass wir die Texte auf unserer Seite noch verständlicher für Patienten aufbereiten. Zudem wollen wir unsere Datenbank kontinuierlich um neue Studien erweitern und die Suchfunktion optimieren. Wir möchten mit viomedo die zentrale Anlaufstelle für klinische Studien im Netz sein.

Langfristig planen wir, viomedo zu internationalisieren, um auch nicht in Deutschland lebenden Personen die Option einer einfacheren Studienteilnahme zu ermöglichen. Viele Studien werden nämlich in mehreren Ländern parallel durchgeführt. Auch eine Integration in Krankenhaus- oder Praxisinformationssysteme ist längerfristig interessant, um den Patienten automatisch passende Studien vorschlagen zu können zu können.“

Was ist eure nächste große Challenge? Und wer könnte euch dabei helfen, sie zu bewältigen?

„Die Challenge ist, unsere Informationsplattform bei Patienten bekannter zu machen. Denn nur wenn viele Patienten unsere Webseite nutzen, können wir wirklichen Wert stiften. Deshalb suchen wir nach Multiplikatoren wie Medien, Blogs, Ärzteverbände und Patientenorganisationen, die uns helfen, die Patienten zu erreichen.“

Vielen Dank für deine Antworten!

Was ist deine Meinung zu Tims Startup? Wo siehst du Chancen und Schwierigkeiten für viomedo? Wir freuen uns auf deine Kommentare!


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