E-Mental-Health: Depressionen online therapieren

Das Internet kann den Arztbesuch nicht ersetzen.

Kann man diesen Satz so stehen lassen? Vielleicht sollten wir lieber die Patienten fragen: Möchtest du mit deinem Gesundheits-Problem lieber zum Arzt, oder setzt du auf eine Online-Therapie? Die zu erwartende Antwort liegt auf der Hand: Hängt vom Problem ab. Und hieraus folgt das Offensichtliche, was aber nicht oft genug wiederholt werden kann: Ob Online-Therapien gut oder schlecht sind, lässt sich so pauschal nicht sagen.

Dieser Artikel widmet sich der webbasierten Behandlung von Depressionen. Denn zu Depressionen und anderen psychische Erkrankungen gehört ein Aspekt, der aus Sicht der Patienten eine Hilfe per Web sehr attraktiv macht: Diese Krankheitsbilder sind stigmatisierend; und die Hürde, mit psychischen Beschwerden zum Arzt zu gehen, ist entsprechend hoch – von 100 Menschen mit Depression gehen nur 60 zum Arzt. Hier könnte es also zum Behandlungserfolg führen, wenn diese Patienten Hilfe im Netz bekämen – oder?

Unter dem Begriff E-Mental-Health entwickeln derzeit zahlreiche Angebote zur Behandlung und Vorbeugung psychischer Erkrankungen. Drei dieser Angebote – Healthcare-Startups, die sich unter anderem dem Thema Depression widmen – sind novego, ARYA und deprexis® 24:

novego entwickelt Online-Programme für Menschen mit Depression

Das Seevetaler Startup novego versteht sich als ergänzender Baustein in der Therapie von Depressionen und anderen psychiatrischen Krankheitsbildern wie zum Beispiel Angstörungen. Derzeit gehören zum Angebot ein 12-wöchiges Online-Programm zur Bewältigung depressiver Symptome sowie zwei 4-wöchige Programme zu den Themen Burnout und Angst.

novego-Website

Die Online-Programme von novego umfassen Hintergrundinformationen zu den einzelnen Krankheitsbildern genauso wie multimediale Übungsmaterialien und das Tracking des eigenen Befindens. Nutzern wird geraten, ca. 1-2 Stunden pro Woche für die Durchführung des Programms einzuplanen. Optional ist das Abfragen eines individuellen schriftlichen Feedbacks durch das Psychologen-Team von novego. Die Nutzung kostet 59 € pro Monat, sodass der Gesamtpreis für einen 12-wöchigen Kurs bei 177 € liegt; Programminhalte können unabhängig davon ein ganzes Jahr lang genutzt werden.

Mehr zu novego: Website | Facebook | Twitter

Die ARYA-App soll Menschen helfen, ihr Leben wieder in die eigene Hand zu nehmen

Die Vision des Berliner ARYA-Teams ist groß: Es arbeitet daran,  „das beste digitale und mobile Produkt zu entwickeln, das die Therapie von psychischen Erkrankungen unterstützt und so die Leben von Betroffenen weltweit verbessert“. Erster Schritt dazu ist die ARYA-App: Sie ermöglicht derzeit, mehrfach täglich das persönliche Empfinden sowie körperliche Beschwerden zu erfassen.

ARYA-App

Laut Website soll ARYA vorwiegend in Zusammenspiel mit dem behandelnden Therapeuten genutzt werden; eine unabhängige Nutzung soll aber ebenfalls möglich sein. Im jetzigen, frühen Entwicklungsstadium sucht ARYA nach Ärzten und Therapeuten, die sich an der Projektentwicklung beteiligen möchten. Langfristig soll die App die Kommunikation zwischen Patient und Therapeut erleichtern und Therapeuten auch frühzeitig auf Alarmsignale aufmerksam machen.

Mehr zu ARYA: Website | Facebook | Twitter

deprexis® 24 hilft online bei Depression – auf Wunsch mit Unterstützung des eigenen Therapeuten

Mit deprexis® 24 – welches eine CE-Zertifizierung als Medizinprodukt erhalten hat – sollen Nutzer negative Denkmuster erkennen und neue Verhaltensweisen erlernen, um so die Therapie ihres Arztes oder Psychotherapeuten zu unterstützen.

deprexis 24 Website

Das Online-Programm von deprexis® 24 basiert auf den Methoden der kognitiven Verhaltenstherapie. Neben der Vermittlung von Übungen und Techniken wird der Patient per E-Mail und SMS durch das Programm begleitet. Entwickelt wird das Tool durch die Hamburger GAIA AG, der Vertrieb erfolgt durch die SERVIER Deutschland GmbH. Der Kurs kostet 297,50 € und wird zusätzlich zur eigenen Website auch über Apotheken vertrieben.

Mehr zu deprexis® 24: Website

Fazit zu E-Mental-Health

Digitale Gesundheit bietet unzählige Möglichkeiten und hilft im Bereich E-Mental-Health Menschen, die vielleicht sonst gar keine Hilfe in Anspruch nehmen würden. Nicht unerwähnt bleiben dürfen aber auch die Grenzen solcher Angebote. Denn eine Online-Therapie erfasst zum Beispiel nicht das Rundherum des Patienten – seine Stimmlage, sein Erscheinungsbild, das „zwischen den Zeilen“. Und eine Online-Therapie hat es vielleicht schwerer, akute Warnzeichen zu erkennen und eine dringend notwendige Klinikeinweisung zu veranlassen.

Im Jahr 2010 hat die Psychotherapeutenkammer Hessen beschlossen, eine Diagnostik und Behandlung von Erkrankungen ohne persönlichen Kontakt sei nicht mit der Berufsordnung vereinbar. Auch das kann man so sechs Jahre später nicht stehenlassen, denn die Vorteile von E-Mental-Health-Angeboten müssen dazu führen, Angebote wie novego, ARYA und deprexis® 24 nicht einfach abzutun.

E-Mental-Health entwickelt sich zu einem spannenden Sektor der digitalen Gesundheit, den wir unbedingt im Blick behalten sollten. Freuen wir uns auf spannende Evidenz zu diesem Thema, die in aktuellen Forschungsprojekten wie IT unterstützt bei Depression im Alter entstehen wird.